Samstag, 30. August 2025

Datenlöschung in den USA

 Ein Back-up der RealitätDie ZEIT 28.8.25

"Die US-Regierung tilgt großflächig Informationen aus dem Internet, die nicht ins MAGA-Weltbild passen. Ein junger Mann aus Köln versucht, schneller zu sichern, als Trump löschen kann. [...]

Das Pentagon löschte Tausende Fotos von seinen Webseiten, darunter das Porträt eines schwarzen Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg Der mit der Medal of Honor ausgezeichnet wurde. […]

Die Gesundheitsbehörde CDC löschte unter anderem Befragungsdaten zu Long Covid.

Mit Auflösung der Entwicklungshilfebehörde USAID verschwand unter anderem ein weltweit führendes Frühwarnsystem für Hungersnöte aus dem Netz. 

Einige der Daten gingen nach einiger nach einer gewissen Zeit ganz oder teilweise wieder online, oft weil Gerichte die Regierung dazu verpflichteten. Teils waren sie aber verändert worden. Das Wort gender etwa, das den Geschlechtsbegriff sozial faßt, wurde durch das biologisch definierte sex ersetzt.

Viele der Datensätze blieben hingegen bis heute verschwunden –zumindest auf den offiziellen Regierungsservern. In den meisten Fällen konnten Sebastian Majstorovic und seine Mitstreiter dafür sorgen, dass die Informationen nun an anderer Stelle aufrufbar sind. [...]

Für Majstorovic ist es egal., ob die Daten, die er rettet, von Bomben oder Dekreten bedroht werden; was er sichern kann, versucht er zu sichern. Machtlos ist er jedoch dort, wo die Angriffe bereits früher ansetzen. Wenn die US-Regierung die Leitung von Statistikbehörden mit Getreuen besetzt, steht nicht nur die Integrität der verfügbaren Daten infrage, sondern auch die Gewissheit, dass in Zukunft Zahlen noch unabhängig erhoben werden – beziehungsweise überhaupt. Ein Satellit, der abgeschaltet wird, sendet nichts mehr zur Erde. Da hilft keine Sicherheitskopie."

Ähnlichkeiten und Unterschiede zur heutigen Situation sollte man nicht vergessen

 

Der Dissens zwischen Falken und Tauben. 

Über das Irrationale in der Sicherheitspolitik

von Ernst Tugendhat Die Zeit, 20.6.1986

"[…] Es ist dies erstens die Frage, für wie gefährlich man die Russen hält, zweitens die Frage, für wie wahrscheinlich man bei der jetzigen Militärpolitik den Ausbruch des Atomkrieges hält. Die Falken werfen den Tauben in der ersten Frage, die Tauben, den Falken in der zweiten Frage Naivität beziehungsweise Realitätsverleugnung vor [Unter Umständen…] kann es rational sein, eine Abschreckungsstrategie aufzubauen. Das ist also eine durchaus rationale Prämisse der Falken, und wenn viele in der Friedensbewegung [...] diese Prämisse schon als solche bestreiten, setzen sie sich ihrerseits dem berechtigten Vorwurf der Naivität aus. [… ] Sie betrifft die Frage, wieweit Tauben und Falken bei den beiden entscheidenden Einschätzungsfragen, die die Differenz ausmachen, die zwischen ihnen besteht, von irrationalen Faktoren bestimmt sein können, die uns aus allgemeinen psychologischen Beobachtungen bekannt sind. [Die Antwort ist offen]

Wir haben vorhin gesehen, dass auch die Tendenz besteht, die eigene Gefährlichkeit für die andere Seite nicht wahrzunehmen. [...] Man ist verblüfft das Fisher sich die Frage überhaupt nicht stellt, ob der Westen nicht gerade von sich aus das heraufbeschwört, was zu vermeiden wäre. [...]

Man weist hier auf vereinzelte, historische Tatbestände wie die Appeasement-Politik gegenüber Hitler in den dreißiger Jahren hin: Eine allgemeine sozialpsychologische Tendenz lässt sich daraus nicht ableiten und scheint auch nicht zu bestehen. [...]

Die Argumente, die zeigten, dass die Stationierung der neuen Raketen nicht zur Abwehr gegen die SS-20 dienen konnten und die Gefahr des Ausbruchs eines Atomkriegs erhöhen mussten, waren alle um zwei, drei Ecken komplexer als das schlichter Argument „wenn sie Mittelstreckenraketen haben, brauchen auch wir welche, so wird das Gleichgewicht wiederhergestellt.“ […]

Mit Bezug auf SDI gar, für das es aus europäischer Perspektive ein militärpolitisches Argument überhaupt nicht mehr gibt, hat sich die Argumentation auf offizieller Seite in der Bundesrepublik [...] ganz auf die Treue zum großen Bruder verlegt. Ob sich das durchhalten lassen wird, wird sich zeigen müssen. Wenn ja, ist das eine – durch das Ausmaß der Hintanstellung der eigenen realen Interessen – geradezu fantastisch wirkende Bestätigung des sozialpsychologischen Befundes, dass sich der Schwache durch Vasallentreue zum Mächtigen in seinem Selbstwert- und Sicherheitsgefühl kompensieren kann. [...]

[In Australien wollte man sich gegen einen Angriff der Sowjetunion durch ein Bündnis mit den USA schützen. Dieser Verteidigungspakt mit den USA hat] „zum Bau einer der großen für das weltweite US-Satellitensystem lebenswichtigen Basen in Australien“ [geführt. ] „und so ist das Land zu einem der im Ernstfall vordringlichen Ziele für einen sowjetischen Raketenangriff geworden. Von weiten gesehen mag dieser Fall tragikomisch erscheinen. Irrationalitäten sind eben immer leichter bei anderen und aus der Distanz zu erkennen. Aber vermutlich unterscheidet sich diese Tragikomik, nicht wesentlich von unserer eigenen und von der der heutigen Menschheit im ganzen.“


Verfälschungen

  „Korrigiert die Weltkarte!“: 

Eine Kampagne, um Afrika seine tatsächliche Größe zurückzugeben,nachdenkseiten, 30.8.25

Bekanntlich wird bei der (vermutlich) meistverwendeten Mercatorprojektion der sphärischen Wirklichkeit die Größe der Flächen von Land und Meeren der Welt stark verzerrt wiedergegeben. Es gibt aber keine Projektion, bei der Längen, Winkel und Flächen von dreidimensionalen Objekten gleichzeitig korrekt wiedergegeben werden. Die Mercatorprojektion verfälscht also die Wirklichkeit der Flächengrößen einseitig zugunsten der Wiedergabe gewisser Längenverhältnisse. Andererseits kann man selbstverständlich durch eine Verfälschung des Abbildes die Wirklichkeit nicht verändern. Eine weniger verfälschende Darstellung kann also die "tatsächliche Größe" nicht verändern, genauso wenig wie die verfälschende Darstellung. Was durch eine Darstellung verändert werden kann, ist nicht die Realität, sondern nur das Bild, was wir uns von ihr machen. Doch bekanntlich handeln Menschen nicht auf der Basis der Realität, sondern auf der Basis von Vorstellungen,  die sie von der Welt haben.Deshalb versuchen Autokratien, die Bürger ihres Staates von unabhängigen Informationen abzuschneiden. Ungewöhnlich ist es, wenn Politiker in Demokratien nicht nur korrekte Informationen über ihr eigenes Handeln, sondern auch bereits publizierte Informationen über die Vergangenheit zu unterdrücken, wie es die Regierung von Donald Trump gegenwärtig in großem Stile unternimmt: „ Die US-Regierung tilgt großflächig Informationen aus dem Internet, die nicht ins MAGA-Weltbild passen.“ (ZEIT,28.8.25) Inzwischen haben sich viele Initiativen gebildet, die zusammenarbeiten, um rechtzeitig Informationen zu speichern, bevor die US-Regierung in allen staatsabhängigen Institutionen zu retten befiehlt. Hier geht es also nicht wie bei Snowden darum, geheime Datensammlungen bekannt zu machen, sondern darum der Löschung öffentlicher Daten zuvorzukommen. In beiden Fällen braucht es Whistleblower, weil natürlich nicht jede Datenlöschung vorher bekannt wird.

Montag, 25. August 2025

Irakischer Atomreaktor

 Nicht zuletzt aufgrund vermehrte sowjetischer, französischer und ägyptischer Rüstungslieferungen an den Irak verwandelte sich der Krieg jetzt in einem Gleichgewicht Stellungskrieg. Der damit einhergehende Verschleiß, der ehemals vor allem für die Golf Lehder so bedrohlichen irre dirigistischen Ideologien hat vermutlich nicht nur nahöstliche Metropolen mit Genugtuung erfüllt.In diese erste Phase fiel schließlich auch die Zerstörung des irakischen Nuklear Reaktors durch die israelische Luftwaffe am 7. Juni 1981. (Geschichte der arabischen Welt, S. 496). 

Geschichte der arabischen Welt

 Geschichte der arabischen Welt hrsg. Ulrich Haarmann, 1987

Inhaltsverzeichnis

Einleitung (Ulrich Haarmann) 9

I. Früher Islam (Albrecht Noth) 11 

1. Die Higra (Hedschra)

a) Stamm (Quraisch) und Clan 12 

b) Ein Prophet im Stamm 17 

c) Ächtung Muhammads und die Gründung eines islamischen „Stammes" 28 (https://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed#Mohammeds_erste_Anh%C3%A4nger)

d) Islamische Neuerungen 41 

2. Die arabisch-islamische Expansion 58

3. Herrscher und „Untertanen" 73

a) Legitimationsfragen 73

b) Zur realen Macht frühislamischer Kalifen 80

"Verloren gegangen war, mit dem Tode des Propheten der muslimischen umma (und damit auch ihren Repräsentanten), jedoch ein ganz entscheidendes Stück Handlungsspielraum: die Möglichkeit, auf neue Situationen in konsensfähiger Form zu reagieren. Dieses Problem hatte zu Lebzeiten des Propheten deswegen nicht bestanden, weil seine Entscheidungen bei neu auftretenden Fragen aufgrund seiner prophetischen Autorität allgemein akzeptiert wurden, auch dann, wenn sie nicht in Form einer koranischen Offenbarung 'herabkamen', sondern 'nur' Anordnungen Mohammad waren. Solche nicht – koranischen Entscheidungen des Propheten aber dürften die alltägliche Lebens- und Handlungs-Praxis der medinensischen umma – erwähnt seien nur so wichtige Bereiche wie die detaillierte Gestaltung des Kultus, Kriegsführung, Bündnisse, Abgaben – in ganz erheblich höhere Maße bestimmt haben als die Offenbarung des Koran, der zwar mancherlei rechtliche Regelungen enthält, aber die Funktion eines umfassenden Gesetzbuches weder erfüllen sollten noch konnte. Die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen, die sich nicht oder nur entfernt auf göttliche Offenbarung berufen konnten, schon zu Lebtzeiten des Propheten eine wesentliche Komponente in der Führung der umma, nahm nun nach seinem Tode zunehmend größere Ausmaße und dringlichere Formen an." (S.81) 

c) Charakteristika innermuslimischer Auseinandersetzungen 97

II. Das Kalifat der Abbasiden (Tilman Nagel) 101

1. Der abbasidische Umsturz 101

2. Erfolge und Mißerfolge bei der inneren Konsolidierung .. . 110

3. Das Militär 118

4. Das Reich in der Krise 120

5. Die Inquisition 127

6. Das Söldnertum 130

7. Die Zerrüttung der Wirtschaft und der Finanzen 133

8. Bagdad und die Kultur des Islams 136

9. Das Großemirat 141

10. Die Entstehung des Sultanats 146

11. Kalif und Sultan 153

12. Die Selbstbehauptung des Kalifats 157

13. Das Ende 164

III. Die Fatimiden (Heinz Halm) 166

1. Das fatimidische Gegenkalifat in Nordafrika 166

2. Die Fatimiden in Ägypten und Syrien 170

3. Der Kalif al-Hakim und die Anfänge des Drusentums 175

4. Das elfte Jahrhundert: Ägypten als Großmacht 183

5. Ägypten und der erste Kreuzzug 191

6. Ägypten als fränkisches Protektorat 195

IV. Die Ayyubiden (Heinz Halm) 200

1. Saladin und der Ǧihād 200

2. Das Ayyubidenreich - ein dynastischer Herrschaftsverband 205

3. Austausch mit Europa 211

V. Der arabische Osten im späten Mittelalter 1250-1517 (Ulrich Haarmann) 217

1. Das Herrschaftssystem der Mamluken 217

a) „Der Segen des Sklaventums" 217

b) Die historischen Wurzeln des Mamlukensultanats (bis 1260) 218

c) Die mamlukische Militäraristokratie 222

d) Die hohen Reichsämter 228

"Die Söhne verstorbener Sultane wurden nach 1412 nur noch interimistisch auf den Thron gesetzt und dort solange geduldet, bis sich die Großemire auf einen ihnen passenden Kandidaten aus den eigenen Reihen als effektiven Nachfolger hatten einigen können. Von einem Herrschaftsanspruch, auch einem partiellen, der Sultansnachkommen konnte am Ende des 15. Jahrhunderts überhaupt keine Rede mehr sein." (S. 229)

e) Das mamlukische Militärbenefizium 233

2. Ägypten, Syrien und Arabien im politischen Wandel (1260-1517) 236

3. Gelehrte und Despoten - Städtisches Leben im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert 252

4. Der Irak zwischen Mongolen und Safawiden 257

VI. Der Maghreb und die Pyrenäenhalbinsel bis zum Ausgang des Mittelalters (Hans-Rudolf Singer) 264

1. Die Eroberung des Maghreb und der Pyrenäenhalbinsel . . . 264

2. Der Beginn der Staatlichkeit 266

a) Al-Andalus: Gouverneure und Gründung des Emirats von Cordoba 266

b) Der Maghreb: Idrisiden, Rustamiden und Aglabiden 268

3. Emirat und Kalifat von Córdoba 275

4. Der Kampf der Kalifate um den Maghreb 283

a) Marokko als Glacis 283

b) Die Ziriden 286

c) Die Hammadiden und die Verselbständigung des zentralen Maghreb 288

5. Die Zeit der Bürgerkriege und Kleinkönige 290

6. Die großen Berberreiche 295

a) Die Almoraviden 295

b) Die zweite Fitna in al-Andalus 298 [Fitna]

c) Die Almohaden 299

7. Die Erben der Almohaden 306

a) Die Meriniden 308

b) Die 'Abdalwadiden (1235—1554) 312

c) Die Hafsiden 314

d) Die dritte Fitna in al-Andalus- Die Nasriden von Granada 317 [Fitna]

e) Das Ende des Islams in al-Andalus 321

VII. Der arabische Osten unter osmanischer Herrschaft 1517-1800 (Barbara Kellner-Heinkele) 323

1. Vorbemerkungen 323

2. Ägypten und die Anrainer des Roten Meeres 325

3. Der Fruchtbare Halbmond 344

a) Die syrischen Provinzen (Biläd as-Säm) 346

b) Die irakischen Provinzen 359

VIII. Der arabische Osten im neunzehnten Jahrhundert 1800-1914 (Alexander Schölch) 365

1. Vorbemerkungen 365

2. Aufbruch zur Selbstbehauptung 367

3. In der Euphorie des Fortschritts 387

4. Ernüchterung und Neuorientierung 417

IX. Der arabische Osten im zwanzigsten Jahrhundert 1914-1985 (Helmut Mejcher) 432

1. Vorbemerkungen 432

2. Das „heroische" Zeitalter der Arabischen Bewegung. Freiheitskampf, politische Neuordnung und europäische Dominanz 435

a) Die Region des Fruchtbaren Halbmonds 436

b) Die Arabische Halbinsel 450

c) Das Niltal 460

3. Die Ära der Massenbewegungen und Ideologien 1930-1966. Gesellschaft und Herrschaft im Umbruch 469

a) Weltwirtschaftskrise und Zweiter Weltkrieg: Ökonomische und soziale Auswirkungen im regionalen Maßstab 469

b) Veränderungen in den politischen Systemen und die neue Dynamik in den zwischenarabischen Beziehungen bis zur Revolution in Ägypten 475

c) Die arabische Bewegung zwischen Nasserismus und Baathismus 482

4. Die Regie der Technokraten. Aktuelle Entwicklungen der siebziger und achtziger Jahre in historischer Perspektive... 485

a) Arabische Politik unter dem Primat der Ölmacht und der Ökonomie 486

b) Konfliktfelder und Kriege im Wandel inter-arabischer Beziehungen und internationaler Politik 491

c) Die Krisis der politischen Kultur und neue Horizonte 497

"Nicht zuletzt aufgrund vermehrter sowjetischer, französischer und ägyptischer Rüstungslieferungen an den Irak verwandelte sich der Krieg jetzt in einem Gleichgewicht Stellungskrieg. Der damit einhergehende Verschleiß, der ehemals vor allem für die Golfländer so bedrohlichen irredentistischen Ideologien hat vermutlich nicht nur nahöstliche Metropolen mit Genugtuung erfüllt. In diese erste Phase fiel schließlich auch die Zerstörung des irakischen Nuklearreaktors durch die israelische Luftwaffe am 7. Juni 1981. (S.496). 

"Es gehört zur Schicksalstragödie des arabischen Nahen Osten, dass der im 19. Jahrhundert begonnene Aufbruch zur Selbstbehauptung auf der Grundlage einer Synthese zwischen Islam und westlichem Positivismus und Säkularismus keine etwa mit der Lebensweise und Staatskunst klassischer arabisch-islamischer Epochen vergleichbare gefestigte politische Kultur hervorgebracht hat. Die Prozesse der Staats- und Nationenbildung sowie eines forcierten, häufig von revolutionären Erschütterungen begleiteten sozialen Wandels wurden der Region unter abendländischer Ägide und unter dem Druck des Weltmarkts auferlegt." 

"Der Libanon war stets ein Mikrokosmos der größeren arabisch-islamischen Umwelt. Hier konnten die Defizite politischer Freiheiten in anderen arabischen Staaten kompensiert, bzw. deren Rivalitäten untereinander in der vielfältigen Presse ausgetragen werden. So wie Stabilität und Krisis als auch der philosophische und der politische Diskurs im Libanon meist eine Barometerfunktion für die Gesamtregion hatten, so sind im gegenwärtigen libanesischen Krieg. Alle inner-arabischen und inner-kulturellen Gegensätze, möglicherweise zum letzten selbst zerstörerische Gefecht angetreten. Auf der anderen Seite bietet die besondere Problematik des Libanon nicht zuletzt unter dem Einfluss des Ostkonflikts keine absolute Gewähr dafür, dass Vorgänge und Veränderungen im libanesischen Mikrokosmos einen Erklärungswert im nahöstlichen Maßstab haben." (S. 498)

X. Nordafrika in der Neuzeit (Peter von Sivers) 502

1. Der Aufstieg Iberiens zur Führungsrolle in der christlichen Zivilisation (1300-1500) 502 

2. Der osmanisch-iberische Kampf um die Vorherrschaft in Nordafrika (1500-1600) 505

3. Nordafrika als autonome Region (1600-1800) 520

4. Die europäische Ausdehnung nach Nordafrika(1800-1900). 531

5. Urbanisierung und Nationalismus (1900-1950) 560

6. Der unabhängige Maghreb (1950-1985) 576



Samstag, 16. August 2025

Die Inka und ihre Vorgeschichte

 Miloslav StinglDie Inkas: Ahnen der „Sonnensöhne“ 1978 .

Geschichte Perus

Wikipedia: "[...] Möglicherweise bereits um 40.000 v. Chr. wanderten über die damals trockene Beringstraße Menschen vom asiatischen Kontinent ein und besiedelten den amerikanischen Kontinent. Die Einwanderung in Südamerika erfolgte demnach etwa 20.000 bis 10.000 v. Chr. Jedenfalls stammen aus diesem Zeitraum die Höhlenmalereien in der Gegend um die Stadt Ayacucho und den Lauricocha-Höhlen an der Quelle des Rio Marañón, die 1957 gefunden wurden.

Die ältesten bisher bekannten Monumentalbauten der Norte-Chico-Kultur stammen aus der Zeit um 3200 v. Chr.[4] Stufenförmige Pyramiden, Prozessionsstraßen und riesige eingefasste Höfe fanden sich in Sechín Bajo im Casmatal, 370 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima.[5] Die 1992 entdeckte Fundstätte wird seit 2003 von deutschen Archäologen ausgegraben. Als gesichert gilt, dass die Kultur Mais, Erdnüsse, Maniok und Kürbisse anpflanzte und künstliche Bewässerung kannte.

In Grabungsschichten aus der Zeit um 1700 v. Chr. fanden sich zudem zahlreiche Ritzzeichnungen, die ein Mischwesen aus Kaiman und Mensch darstellen. Da französische Archäologen im Osten Ecuadors Relikte einer Kultur fanden, die gleichfalls den Kaiman darstellte, und die auf 2450 v. Chr. datiert wurden, könnten kulturelle Einflüsse aus dem Dschungelgebiet die Kultur von Sechin inspiriert haben. In den Anden konnten jedenfalls keine Kaimane leben, daher liegt der Verdacht nahe, dass diese Kultur aus den Niederungen am Ostrand der Anden stammte.

Um 4000 v. Chr. begann die Züchtung von Lamas.


Die Stadt Caral ist nach heutigem Kenntnisstand die älteste Stadt auf dem amerikanischen Kontinent.[6][7] Die dortige Stufenpyramide wurde 2001 auf das Jahr 2627 v. Chr. datiert. Gefunden wurden Häuser für zumindest 3000 Menschen, Amphitheater und Tempelanlagen. Weitere Funde beweisen, dass die Bevölkerung Handel mit den Küsten- und Amazonasgebieten trieb.

Die Kultur von Chavín de Huántar existierte etwa 800 v. Chr. bis 300 v. Chr. Die in der Huántar-Kunst verwendeten Motive JaguarPumaVogel und Schlange, legen eine Verbindung zur Olmeken-Kultur nahe. In denselben Zeitrahmen fällt die durch ihre Mumien bekannte Paracas-Kultur in der Gegend um die Hauptstadt. Es ist allerdings unklar, ob in dieser Gegend wirklich eine eigene Kultur existierte oder die Toten wegen der trockenen, konservierenden Luft von weit her herangeschafft wurden.

Um den Titicacasee bestand von etwa 1500 v. Chr. bis 1200 n. Chr. die Tiahuanaco-Kultur. Ob es tatsächlich ein Tiahuanaco-Reich gegeben hat, ist nicht geklärt. Spuren dieser Kultur finden sich zudem in Bolivien und im Norden Chiles.

Im engen Zusammenhang dürfte die Wari-Kultur stehen, die viel später um die Stadt Ayacucho existiert hat.



Um 200 v. Chr. bis 600 n. Chr. finden sich Spuren der so genannten Nazca-Kultur, die nach dem Ort Nazca, etwa 500 km südlich von Lima benannt wurde. Auf sie gehen die vieldeutigen Nazca-Linien zurück. Auch diese Kultur basierte auf künstlicher Bewässerung, worauf zahlreiche Bewässerungskanäle hinweisen.

Zwischen dem 1. und dem 8. Jahrhundert existierte im Norden die Mochica-Kultur, die im Wüstenstreifen an der Pazifikküste Landbau mit ausgeklügelten Bewässerungssystemen betrieb. Sowohl die Keramik als auch die Metallverarbeitung waren hoch entwickelt. Neben Gold und Silber wurde Kupfer verarbeitet. Es bestanden mehrere Fürstentümer, die möglicherweise infolge eines El-Niño-Ereignisses untergingen.

In der Zeit von 1250 bis 1470 dominierten die Chimús mit der riesigen Hauptstadt Chan Chan in der Gegend um Trujillo, im nordwestlichen Teil des heutigen Perus. Ihre Fähigkeiten im Kunsthandwerk waren weniger ausgeprägt. Sie legten mehr Wert auf die Serienproduktion von Nutzgegenständen. Es gelang ihnen, die steigende Einwohnerzahl mittels gewaltiger Bewässerungssysteme zu versorgen.

Machu Picchu

Am Ostrand der Anden lebten von 800 bis 1600 die Chachapoyas.[8] Von ihnen ist nur sehr wenig bekannt. Berühmt sind die Felsengräber, die sie an hohen Steilklippen hinterlassen haben. Im 16. Jahrhundert verschwanden die Chachapoyas spurlos.

Reich der Inka (1200–1532)

Die bekannteste Kultur (ca. 1200) ist die der Inka, deren militärische und organisatorische Fähigkeiten ein riesiges Reich geschaffen hatten. Dieses Reich war bei der Ankunft der Spanier allerdings zutiefst gespalten – es herrschte Bürgerkrieg zwischen den Brüdern Atahualpa (Sitz in Quito) und HuáscarFrancisco Pizarro eroberte das Reich für Spanien.

Die nachfolgende Tabelle führt die peruanischen Kulturepochen auf, wie sie von einer Reihe von Archäologen nach derzeitigem Kenntnisstand gesehen werden. [...]"




Paracas-Kultur Mäntel in 22 Farben und bis zu 190 Farbnuancen  (Die Herstellung erforderte vermutlich 3 Jahre.)

Donnerstag, 24. Juli 2025

Zur Geschichte von Asylrecht und Asylverfahren

 Begrenzt humanitär ZEIT 

Vor 60 Jahren führte die Bundesrepublik das individuelle Asylverfahren nach Artikel 
16 des Grundgesetzes ein. Den Innenminister stellte damals die CSU. Rückblick 
auf eine erstaunlich aktuelle Debatte 
"[...]Die Frage, wie die Zuwanderung zu regulieren ist, begleitete die Bundesrepublik von
 Anfang an. Schon im Juni 1949 verkündete ein Strategiepapier, dass es "den anhaltenden 
Zustrom illegaler Einwanderer und unerwünschter Flüchtlinge zu verhindern" gelte. Verfasst
 hatten es die Westalliierten, die Wege suchten, die deutsche Grenze effektiv zu sichern. Dies
 war ihnen bislang nicht gelungen, obwohl sie massiv Militär einsetzten. Vor allem nach 
Bayern reisten 1949 monatlich bis zu 4.000 ausländische Flüchtlinge illegal ein, die meisten
 über die Tschechoslowakei und Österreich; viele zogen in Staaten der Westalliierten weiter.
 Abhilfe, hieß es in dem Dokument, könnten Asylverfahren schaffen. Flüchtlinge, die an der 
Grenze um Asyl baten, sollten fortan in "besondere Aufnahmelager" gebracht werden. Hier 
wollte man sie "registrieren und überprüfen", um zu entscheiden, wer bleiben dürfe. 
Erklärtes Ziel war es, die meisten in ihre Heimat zurückzuschicken. Denn die Alliierten
 waren überzeugt, dass die Beweggründe der Flüchtlinge "in der Mehrzahl der Fälle nicht stark
 genug sind, um ihre Aufnahme zu rechtfertigen"
Die Bonner Regierung war gewillt, diesem Vorschlag zu folgen. Doch stellten die Alliierten eine Bedingung: dass die Bundesrepublik den anerkannten Flüchtlingen einen besonderen Schutzstatus verlieh. Dies sollte unter anderem verhindern, dass Flüchtlinge in die Staaten der Alliierten weiterwanderten, falls sie in Westdeutschland keine angemessenen Lebensbedingungen vorfanden.
Während sich die Verhandlungen über diese und andere Fragen hinzogen, stieg der Druck. Im Juni 1950 beendete die International Refugee Organization, die sich seit 1947 um ausländische Flüchtlinge in Westdeutschland gekümmert und diese in Drittstaaten umgesiedelt hatte, ihre Arbeit in der Bundesrepublik. Flüchtlinge wurden nun, wie das Bundesinnenministerium am 30. Juni 1950 bemängelte, meist nicht einmal mehr erfasst. Es brauchte also dringend ein Kontrollinstrument. Sonst öffne man "unlauteren Elementen Tür und Tor", hieß es in einer Besprechung der Flüchtlingsverwaltungen der westdeutschen Länder am 11. Januar 1951. Ausländische Flüchtlinge sollten "zwangsweise einem Lager zugeführt werden", um sie dort nach ihren Fluchtgründen zu befragen. Besonders der bayerische Ministerpräsident Hans Ehard drängte auf die Einführung von Asylverfahren, da in Bayern aufgrund seiner Grenzlage die meisten Flüchtlinge ankamen. Am 6. Januar 1953 schließlich wurde die Asylverordnung erlassen. Sie ermöglichte es, die bis zu 5.000 bereits illegal im Bundesgebiet lebenden Nichtdeutschen und zukünftige Flüchtlinge zu überprüfen.

Von Artikel 16 war dabei noch nicht die Rede: Die Rechtsgrundlage für die Verfahren bildete nicht das Grundgesetz, sondern die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Die wiederum galt damals de facto nur für Flüchtlinge aus dem sowjetischen Machtbereich, da sie ausschließlich Ereignisse aus der Zeit vor 1951 als Fluchtgrund anerkannte (eine Regelung, die auf die kommunistischen Machtübernahmen nach 1945 abzielte). Zunächst verursachte das keine Schwierigkeiten, denn man hatte es kaum mit anderen Geflüchteten zu tun. Erst von Mitte der Fünfzigerjahre an kamen allmählich mehr Menschen infolge von Ereignissen jüngeren Datums in die Bundesrepublik – vor allem aus Algerien, Marokko und Tunesien. Für diese Flüchtlinge jedoch existierten keine Asylverfahren. Sie konnten sich lediglich, wenn sie ausgewiesen werden sollten, auf Artikel 16 berufen. Ein Asylverfahren folgte auch dann nicht. Und wer anschließend bleiben durfte, erhielt keinen Status als Asylberechtigter. Das Innenministerium erklärte dazu am 13. November 1958: "Eine ausdrückliche Feststellung, daß dem Ausländer der Schutz des Asyls zusteht, erübrigt sich, wenn dem Ausländer die Möglichkeit gegeben wird, sich im Bundesgebiet aufzuhalten." So stand es den Behörden offen, die Betroffenen vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt auszuweisen. Dazu kam es freilich äußerst selten. Nur in Bayern fand der Gesetzesvorschlag keinen Anklang Diese Situation brachte zwei Probleme mit sich: Erstens wurden die betreffenden Flüchtlinge nicht systematisch registriert. Und zweitens konnte man sie in der Regel selbst dann nicht abschieben, wenn man sie – etwa aufgrund von Vorstrafen – für gefährlich hielt. So entschied das Landgericht München 1964 im Falle eines als Spion verurteilten Kurden, dass dieser zwar ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstelle, jedoch nicht in die Türkei abgeschoben werden könne, da ihm dort die Todesstrafe drohe.

Anders lagen die Dinge bei den Flüchtlingen, die seit 1953 auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wurden: Sie konnten sehr wohl in einen Verfolgerstaat ausgewiesen werden. Denn anders als das Grundgesetz gestattete die Konvention nach Artikel 33 die Ausweisung eines Flüchtlings, wenn dieser "aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet". Spätestens Anfang der Sechzigerjahre stieg die Zahl der Geflüchteten aus dem nichtkommunistischen Ausland deutlich an. Deshalb schlug das Bundesinnenministerium – angeregt durch den Bundestag – im Februar 1964 vor, künftig auch diese Flüchtlinge einem Asylverfahren zu unterziehen, und zwar auf Basis von Artikel 16. Dies würde eine umfassende Kontrolle in Form einer Registrierung und sicherheitspolizeilichen Überprüfung der Betroffenen ermöglichen. Bislang hielten sich diese Menschen, so klagte das Bundesinnenministerium, "mehr oder weniger unkontrolliert irgendwo auf", da es bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kaum weitere Überprüfungen gab. Durch ein Asylverfahren, gab der zuständige Ministerialrat Kurt Breull am 9. März 1964 zu bedenken, sei "wenigstens eine gewisse Sicherheit gegeben, daß diese Leute nicht an einer Stelle zusammenströmen, sondern in das Wirtschaftsleben eingegliedert werden". Die Einführung von Asylverfahren diene daher "dem Sicherheitsbedürfnis" der Bundesrepublik "in weitestem Maße".
Noch wichtiger war dem Bundesinnenministerium, dass man künftig auch vorbestrafte Flüchtlinge aus dem nichtkommunistischen Ausland würde ausweisen können. Denn diesen wollte man nach ihrer Anerkennung eine Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewähren. Das war die entscheidende Neuerung des geplanten Ausländergesetzes: Fortan würden auch nach Artikel 16 anerkannte Flüchtlinge den strikteren Ausweisungsbestimmungen der Genfer Konvention unterliegen. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hatte diesen Schachzug ermöglicht. Der Gesetzesvorschlag fand weithin Anklang. Nur in Bayern nicht. Hier drehte man den Spieß gewissermaßen um: Statt Asylverfahren für alle einzuführen, forderte man die Abschaffung sämtlicher Verfahren – auch der 1953 eingeführten für die Flüchtlinge aus dem Sowjetbereich. Flüchtlingen sollte lediglich im Einzelfall "Schutz vor Ausweisung und Auslieferung an das Verfolgungsland" gewährt werden. Gegen Asylverfahren jeglicher Art sprach aus bayerischer Perspektive, dass diese "ziemlich lange" dauerten, wie der Vertreter des bayerischen Innenministeriums, Alexander Mayer, bemängelte. Oft würden die Leute "vorübergehend in Arbeit vermittelt", und wenn sie dann "einige Monate gut gearbeitet" hätten, werde sie "die Ausländerbehörde nicht mehr los".[...]"


Datenlöschung in den USA

  Ein Back-up der Realität ,  Die ZEIT 28.8.25 "Die US-Regierung tilgt großflächig Informationen aus dem Internet, die nicht ins MAGA-W...