"[...] Kein anderer Beruf, von dem des Übersetzers abgesehen, sei stärker von KI betroffen als der des Historikers, heißt es in dem Bericht. KI könne die Tätigkeiten von Historikern, wie sie in einer Berufsdatenbank des US-Arbeitsministeriums beschrieben werden, zu 91 Prozent übernehmen: Informationen recherchieren, evaluieren und aufbereiten. Einzig an der Archivarbeit scheitere die Software – und am Unterrichten.
"Es steht wirklich eine Revolution bevor", sagt auch der Wissenschaftshistoriker Gerd Graßhoff bei einem Gespräch in seinem Büro an der Berliner Humboldt-Universität. Graßhoff hat viel zur Geschichte großer Entdeckungen geforscht, etwa zur Kopernikanischen Wende und zu Johannes Kepler. Eigentlich wurde er gerade emeritiert. Aber jetzt, da LLMs anfangen, in die historische Forschung vorzudringen, hält es ihn doch noch etwas im Beruf. Zu verlockend findet er die neuen Möglichkeiten: KI-Anwendungen können mehr Material lesen, als es Historiker in ihrem Leben je schaffen, und das über alle Sprachen und Schriftarten hinweg. Auch Karten oder archäologische Objekte können sie in enormer Menge und Geschwindigkeit erfassen – vorausgesetzt, dass diese digitalisiert sind. Und erstmals sind Programme in der Lage, nicht mehr nur Zeichenketten zu identifizieren, sondern komplexe Inhalte.
[...]"Suchen Sie mal nach Aussagen in einem beliebigen historischen Text, die einer These von Ihnen widersprechen. Bislang unmöglich", sagt Graßhoff: "Jetzt geht das." Die Modelle könnten sogar ganze Handlungsketten rekonstruieren. Wie etwa hat Albert Einstein schrittweise zur Relativitätstheorie gefunden? "Das ist manuell nur in jahrelanger Arbeit rekonstruierbar, weil die Masse an Material kaum zu bewältigen ist", erklärt der Wissenschaftshistoriker. Ein LLM hingegen könne das schnell bewerkstelligen. [... ]
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